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Fachgebiet: Geo- und Raumwissenschaften
Titel der Arbeit: Wir lagen vor Madagaskar!
Auf Fossiliensuche in der Aggertalsperre
Nach dem Leeren der Aggertalsperre zur Reparatur der
Staumauer haben wir die dort vorkommenden Fossilien gesucht, bearbeitet
und bestimmt; insgesamt wurden mehr als 200 Exemplare in unterschiedlicher
Größe, Erhaltungszustand und Fossilienzahl gefunden. Verwitterung
und unterschiedliche Lage im Gestein führten oft zu unterschiedlichem
Aussehen gleicher Arten. Eine wichtige Aufgabe bestand für uns darin,
die Zusammengehörigkeit durch das Auffinden von Übergangsformen
herzustellen. Auch das Auflösen von Kalk in Salzsäure ermöglicht
es, kalkfreien Abdrücke zu erkennen und zuzuordnen. Durch genauere
Untersuchungen haben wir auch herausgefunden, dass es sich bei den gefundenen
Seelilien-Trochiten wahrscheinlich nicht um Stiel- (Clumnalia), sondern
um Armglieder (Brachia) handelt.
Die Bestimmung der Arten war oft schwierig, weil es sich
bei den Funden meistens um kalkfreie Formen handelte und wichtige Details
durch Verwitterung verloren gegangen sind. Andererseits konnten aber auch
sehr detaillierte Abdrücke Trilobiten (Pygidien) und Steinkerne (Brachiopoden,
Schnecken) gefunden werden, die eine Bestimmung sogar bis zur Art ermöglichten.
Als Beispiel kann hier die Schnecke Murchisonia bilinata oder das Pygidium
des Trilobitn Scutellum costatum. Insgesamt wurden Fossilien von Schnecken,
Moostierchen, Tintenfische, Muscheln, Seelilien, Trilobiten, Korallen,
und Pflanzen gefunden, die zum Teil auch in besonders schöner Erhaltung
präsentiert werden können. Eine sehr große Seltenheit ist
der Fund eines Seelilienkelches (Unterteil) mit Kalkplatten, der auf einem
Fossil nachweisbar ist.
Die Zusammensetzung der Tierklassen lässt den Schluss
zu, dass es sich um Leben eines tropisch warmen Flachmeeres gehandelt hat,
das sich zur damaligen Zeit über dem Oberbergischen befand. Die Fossilien
stammen alle aus dem Mitteldevon und sind somit ca. 370 Millionen Jahre
alt. Nach den gefundenen Arten zu urteilen und im Widerspruch zur geologischen
Karte könnte es sich um die Honseler oder Odershäuser Schichten
handeln, die im
Gevetium (Beginn des oberen Mitteldevons) liegen.
Zu der damaligen Zeit lag Mitteleuropa auf der Südhalbkugel
der Erde, ungefähr auf der geographischen Breite von Madagaskar (daher
auch der Titel der Arbeit) und war von einem tropischen Flachmeer bedeckt.
Quer durch Mitteleuropa zog sich ein Meeresarm, der als Rheinischer Trog
große Mengen verwittertes Material aufnahm. Durch stetiges Absinken
ergab sich schließlich eine Sedimentschicht von ca. 10000 m, die
später wieder durch Erosion teilweise abgetragen wurde. Durch die
fortschreitende Landbesiedlung durch Pflanzen wurde der Sedimenteintrag
aus dem im Norden liegenden Old-Red-Kontinent immer geringer, so dass jetzt
die an klares Wasser gebundenen Stromatoporen und Korallen erste Riffe
(Bioherme) bilden konnten. Im Mitteldevon vergrößerten diese
sich und bildeten schließlich sogenannten Massenkalke. |