Zwei Wespennester in Hausnähe führten immer wieder zu Störungen
beim Essen auf der Terrasse, so dass ich mich entschlossen habe, mich etwas
genauer mit den schwarz-gelben Plagegeistern auseinanderzusetzen. Um sie
besser verstehen und ihre Handlungen genauer vorausplanen zu können
habe ich sie deshalb ausgiebig in ihrem Verhalten studiert und experimentell
untersucht. Fragen zur Orientierung und Futterquellensuche, Auswahl der
Nahrung und zum Aggressionsverhalten wurden durch eine Vielzahl experimentellen
Untersuchungen ausführlich diskutiert, analy-siert und in Beziehung
zueinander gesetzt. .
Insgesamt konnte ich feststellen, dass die Wespen eine geeignete Nahrung
in Besitz nehmen und sie dann als die ihre betrachten. Gleichzeitig sind
sie aber nicht habgierig und lassen, wenn auch etwas widerwillig, Konkurrenten
der eigenen Art zu. Im Gegenzug ist es dann nur zu verständlich, dass
sie auch von ihrem „mitessenden“ Menschen „er-warten“, dass sie von
ihm beim Kuchenessen als gleichwertige Partner toleriert und akzeptiert
werden. Das Aufstellen von Zuckerwasser zur Ablenkung bringt deshalb meistens
nichts, weil die Tiere nach ihrer Erstentscheidung nur noch mit deutlich
besseren Nahrungsangeboten weg gelockt und umgestimmt werden können.
Dies liegt auch daran, dass sie sich den Nahrungsort merken und selbst
nach längerer Abwesenheit auf grob festgelegten Wegen wieder zur Nah-rungsquelle
zurückfinden, also eine Alternative gar nicht erst suchen. Nimmt man
ihnen aber „ihr Stück Kuchen durch Aufessen weg“, ist es verständlich,
dass sie dies nicht verstehen, mit immer größer werdenden Kreisen
nach „ihrem Stück“ suchen und so auch um die Köpfe des Kuchenessers
schwirren. Dies wird allgemein als lästig empfunden und führt
dann zu entsprechenden Abwehrhaltungen, die wiederum von den Wespen als
Angriffsversuch „persönlich ge-nommen“ werden. Mögliche Stiche
sind zwar schmerzhaft, aber nicht lebensbedrohlich. Erst 100 Hornissen-,
einige hundert Bienen- und etwa Tausend Wespenstiche führen zum Tode.
Lediglich 0,4 - 1,7 % der Bevölkerung muss auf-passen, da bei ihnen
eine Allergie vorliegt, die schon bei einem Stich tödlich enden kann.
Aus diesen Beobachtungen ergibt sich die Konsequenz, den Tieren am Tage
vor dem geplanten Terrassenessen konzentrierteres Zuckerwasser anzubieten
und sie so auf einen entfernten Ort zu prägen. Aus meinen Beobachtungen
geht hervor, dass sie dann den Kaffeetisch völlig in Ruhe lassen,
auch wenn dieser in nur wenigen Metern Entfernung steht. Auch Neuankömmlinge
bereiten keine Probleme, da diese den Hang haben, sich zu den anderen Wespen,
auch wenn diese nicht dem eige-nen Volk angehören, zu gesellen. Kleinere
Aggressionen (Beinkampf in der Luft oder auf dem Gefäß) verlaufen
ohne Schaden anzurichten. Unmittelbar danach kann es sogar vorkommen, dass
sie einträchtig nebeneinander fressen und trinken, so als wäre
nichts geschehen. Allerdings stürzen sie bei diesen Kämpfen auch
oft ab und finden sich dann meistens im Zuckerwasser wieder. Wegen der
fehlenden Sauerstoffversorgung durch die unter Wasser befindlichen Atemöffnungen
(Stigmen) halten sie schwimmend nur ca. eine halbe Stunde durch und sterben
dann. Bietet man ih-nen aber ein kleines Stöckchen vor dem Gesicht
an, so ergreifen sie es nach einigen Versuchen und klettern aus der Flüssigkeit
hinaus. Die Methode wird sehr schnell verinnerlicht und sogar von anderen
Wespen durch Nachahmung übernommen, so dass selbst bei großer
Besucherfrequenz keine ertrunkenen Wespen mehr zu beklagen sind.
Zusätzlich wurden noch Experimente zum Formen- und Farbsehen durchgeführt,
haben aber alle das Ergebnis ge-bracht, dass sich die Tiere beim Besuch
von Futterquellen hauptsächlich am Ort orientieren. Auch der Geruch
scheint dann nicht ausschlaggebend zu sein, denn angebotene riechende Alternativen
(Honigwasser) werden zwar punktuell besucht, aber nicht, so wie gedacht,
angenommen. Erst wenn diese sich als qualitativ besser herausstellt, kommt
es langsam zur Umgewöhnung.
Morgens werden sie hpts. von der Temperatur beeinflusst und sind deshalb
meistens Langschläfer; ihr Aktivitätsma-ximum liegt deshalb eher
in der zweiten Tageshälfte, wobei die einbrechende Dämmerung
zur Rrückkehr ins Nest auffordert.
Neben dem nachgewiesenen Lernverhalten (Lernen aus Erfahrung und durch
Nachahmung mit schneller Auffas-sungsgabe mit gutem Gedächtnis) habe
ich außerdem feststellen können, dass bei ihnen Instinkte in
Konkurrenz ste-hen und zu unsicheren und zu zögerlichen Handlungen
führen können. Auch bei der Nahrungssuche werden ver-schiedene
Faktoren gegeneinander abgewogen (Erstnahrung > Konzentration > Sitzplatz
> Zugänglichkeit des Ortes).
Insgesamt habe ich 5 Wespenarten zu Gast: Vespa crabro Hornisse), Dolichovespula
norwegica (Norwegische Wes-pe), Vespula germanica (Deutsche Wespe), Vespula
vulgaris (Gemeine Wespe) und Polistes spec. (Feldwespe).
Obwohl ich den Arbeiterinnen einiges abverlangt und zugemuttet, immer
wieder gestört und geärgert habe, hatte stes den subjektiven
Eindruck, dass sie mir nicht verübelt und mir als Gastgeber zufrieden
waren. Da ich sie als sehr lie-benswert und tolerant erlebt habe, habe
ich auch akzeptiert, dass sie trotz eindeutig schwarz-gelber Fantracht
keine BVB-Fans sind.
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