K u r z f a s s u n g

Bundesland: NRW

Fachgebiet: Biologie

Titel der Arbeit: Ursachen und Mechanismen der Fruchtkörperentwicklung

am Beispiel des Kleinen Düngertintlings (Coprinus radiatus)
 
Gruppensprecher / Einzelteilnehmer
2. Teilnehmer
Name: Hannes Halbe
Vorname: David Raphael
Straße: Vor der Höhe 2 Wasserfuhrstraße 8
PLZ/Ort: 515580 Reichshof 51643 Gummersbach 
Telefon: 02265 / 980523  02261 / 912623
Geb.-Dat.: 30. 09. 1991 20. 08. 1991
e-mail: miuum@yahoo.de nazare@web.de

Pilze (Fungi) bilden ein eigenes Reich, in dem pflanzliche und tierische Merkmale und Lebensweisen miteinander kombiniert sind. Obwohl sie bereits in vielfältiger Weise vom Menschen genutzt werden, sind aber viele Zusammenhänge in der Lebensweise bisher noch nicht oder nur unzureichend erforscht. Dazu gehört auch die Regulation der Fruchtkörperentwicklung, die wir am Beispiel des zu den Basidiomyceten (Ständerpilze) gehörenden Kleinen Düngertintling (Coprinus radiatus) untersucht haben. In umfangreichen Untersuchungen mit über 2000 Messwerten aus ca. 50 Kulturen und weit mehr als 1000 Digitalfotos konnten wir feststellen, dass die Entstehung und Entwicklung der Fruchtkörper sehr stark vom Licht gesteuert wird.

Erste Versuche im Dunkeln haben gezeigt, dass das sich frisch entwickelnde Mycel einen Drang zur Fruchtkörperbildung entwickelt, der aber nicht ausreicht, um erste Primordien zu bilden. Erst durch Lichtzutritt entstehen winzige, weiße, kugelförmige Anfangsstadien, die dann zu dem typischen Bau der Blätterpilze auswachsen. Durch die lichtinduzierte Bildung der Fruchtkörper (Karposomae) wird sichergestellt, dass sie nur auf der Substratoberfläche entstehen. Bei zu großer Dichte tritt das Prinzip der Gegenseitigen Hemmung ein, so dass sich nur das am weitesten forgeschrittene Primordium weiterentwickelt. Die restlichen Exemplare werden resorbiert und verschwinden innerhalb weniger Tage.
Die Fruchtkörper setzen sich aus mehreren Teilen zusammen, die wir als Vorstiel-, Stielhügel-, Nachstiel (unterer und oberer Teil) und Hut bezeichnet haben. Die Wachstumsvorgänge laufen nacheinander in übergreifenden Phasen nach dem Prinzip des Teleskopwachstums ab. Die einzelnen Stadien werden aber erst sichtbar, wenn die Entwicklung im diffusen Schwachlicht abläuft. Bei der Bildung des oberirdischen Teils haben wir zwischen Initialwachstum (bis ca. 3 mm Länge), Reifungswachstum (bis ca. 3 cm) und Entfaltungswachstum (bis ca. 8 cm) unterschieden. In allen Fällen handelt es sich um ein Spitzenwachstum, in dem eine mehr oder weniger starke Streckung im oberen Bereich der Sttielbestandteile erfolgt; lediglich die Hutentfaltung mit der anschließenden Vertintung wird osmotisch reguliert. Dabei hat jede Phase ihre Eigenheiten und ihre individuellen Steuermechanismen, die aber stark vom Licht bestimmt werden. Es hat sich gezeigt, dass die Ausrichtung aller Stufen nachts geotrop (Schwerkraft) bestimmt ist, aber am Tage auch fototrop beeinflusst werden kann. Die Fruchtkörperbildung folgt einem Tag-Nacht-Rhythmus, der aber nicht von einer inneren Uhr bestimmt wird. Deshalb war es uns auch möglich, die Bildungsvorgänge durch geeignete Lichtbedingungen zu beeinflussen und zeitlich zu verschieben.

Stärkeres Licht bremst die Vorstielverlängerung, fördert aber das Auswachsen des oberirdischen Teils der Fruchtkörpers. Im ersten Teil führt es zu einem Reifungswachstum des Hutes mit geringer Stielverlängerung, im zweiten Teil begünstigt es ein starkes Längenwachstum des Stieles mit anschließender Aufschirmung. Da dieser Teil der Entwicklung im Dunkeln der Nacht abläuft, ergibt sich hierbei keine direkte Lichtsteuerung. Nach unserem Modell wirkt in dieser Phase ein im Licht aufgebauter und durch Summation in genügend hoher Konzentration vorhandener wachstumsfördernder Stoff (WF). Am Tage wird seine Aktivität durch einen ebenfalls im Licht gebildeten wachstumshemmenden Stoff (WH) antogonistisch und konzentrationsabhängig gebremst, so dass über den Tag nur kleine Zuwächse möglich sind. Im Dunkeln zerfällt der Stoff im Rahmen einer relativ kleinen Halbwertszeit von wenigen Stunden, so dass die Wachstumswirkung des fördernden Stoffes immer mehr zur Geltung kommt. Das "Schießen" des Fruchtkörpers setzt aber erst dann ein, wenn beide Wuchstoffe in einem bestimmten Konzentrationsverhältnis zueinander stehen, das nur bei hoher Konzentration des wachstumsfördernden Stoffes erreicht wird. Dadurch ist gewährleistet, dass der letzte Teil der Fruchtkörperbildung erst am Abend beginnt und durch die angepasste Wachstumsgeschwindigkeit bis zum Morgen abgeschlossen wird. Mit Hilfe des von uns erdachten Modells sind wir in der Lage, die unterschiedlichen Auswirkungen verschiedener Lichtstärken und unterschiedlicher Beleuchtungszeiten auf das Fruchtkörperwachstum stichhaltig zu erklären.

Da die Wachstumszunahme beim Aufschirmen des Hutes sehr gering ist, gehen wir davon aus, dass dieser Vorgang durch Quellung erfolgt. Dafür spricht auch die Tatsache, dass er wässrig und durchscheinend wird. Auch das Vertinten lässt sich nach Platzen der Zellen gut in das Modell integrieren. Allerdings ist der letzte Vorgang noch zusätzlich von Licht beeinflusst, so dass der Vorgang erst am späteren Morgen richtig in Gang kommt und bis Mittag abgeschlossen ist. Möglicherweise bilden sich dann erst unter dem Einfluss des Lichtes zellwandauflösende Enzyme.

Insgesamt war die sehr umfangreiche Untersuchung sehr spannend und hat uns deshalb viel Spaß bereitet.

Preisverleihung in Leverkusen